23. Jun
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Der Herr der Blumen

Blumen verkaufen können viele. Blumen-Design, so wie Karsten Flöter es herstellt – dafür braucht man Auge und Leidenschaft. Ein Kiez-Besuch in der Flower Factory, in der Schönheit für den Augenblick entsteht.

Tür auf. Schritt rein. Der Duft ist das erste, was auffällt. Frisch, belebend. Ein zarter Hauch Rose kommt von links, von rechts fliegt etwas Lavendel herüber. Der Geruch ist das eine – unverkennbar Blumenladen. Der Blick verrät mehr: Große Spiegel, glatte Flächen, sorgsam drapierte Glas- und Goldvasen – eine Mischung aus Edel-Katalog und Prachtgarten. Hier und dort ein gebundener Strauß, nicht zu viel, nicht zu wenig. Getrocknete Blumen und Gräser setzen eigene Akzente. Durch das Fenster schauen neugierige Spaziergängerinnen auf die bunte Pracht.

Neugierige Spaziergängerinnen schauen durch das Schaufenster auf die bunte Pracht.

Karsten Flöter ist der Herr der Blumen. 57 Jahre. Klare blaue Augen. Seit über 20 Jahren hat er mit seinem Geschäft einen Platz in diesem Kiez, gleich an der Spree, nur ein paar Gehminuten vom Bauprojekt Charlottenbogen entfernt. Flöter lebt und arbeitet gerne in dieser Gegend. Viele kleine Liebhaberläden, Studi-WGs, junge Familien, Professoren, bunte Mischung. „Der Kiez ist Heimat“, sagt er.

„Eigentlich wollte ich ja Bühnenbildner werden“, sagt Flöter und schaut dabei auf seine Hände. Lacht leise. „Mit den Händen arbeite ich trotzdem. Kreativ bin ich auch.“ Ein guter Kompromiss. Sein nächster Auftrag: ein Trauerkranz, aber ein besonderer. Bloß nicht traurig, sondern etwas Buntes, Lebensbejahendes, Fröhliches. Seine Hände sortieren sich wie von selbst durch die langen, kurzen, großen, kleinen, gelben, weißen, roten Blumen. Seine Blicke prüfen die Stiele, die Köpfe. Erst dann steckt er die Blume in den Kranz. Perfekt muss es werden.

„Die Natur ist die größte Künstlerin überhaupt. Sie schafft Kunstwerke, in einer Schönheit, wie es der Mensch nie erreichen wird.“

Flöter hat eine ruhige Art. Doch wenn er über diese Gestaltungskunst spricht, legt er Gewicht in seine Stimme. Dann sagt er Sätze, die auch gedruckt auf Postkarten stehen könnten. Sätze wie: „Die Natur ist die größte Künstlerin überhaupt. Sie schafft Kunstwerke, in einer Schönheit, wie es der Mensch nie erreichen wird.“

Angefangen hat er auf dem Friedhof, als Landschaftsgärtner. Gräber schön machen, Hecken wieder herrichten. Ihm gefällt, dass er etwas schafft, was sichtbar ist. Dass es ein Vorher und ein Nachher gibt. Eine Veränderung. Dann kauft er die Friedhofsgärtnerei, wird sogar Ausbilder, arbeitet sich in die Floristik ein. Doch er will mehr, will gestalten, will wie auf der Bühne in einem Theaterstück eine magische Welt erschaffen.

Zu ihm kommen Hochzeitspaare, die sich ein Blumenfest wünschen. Flöter greift die Vorstellungen des Brautpaares auf. Denkt sie weiter und berät, wie es dann aussehen kann. Manchmal konstruiert er ganze Gestelle, um florale Skulpturen entstehen zu lassen, durch die die Brautpaare zum Beispiel hindurchgehen können. Eventfloristik heißt das. „Wenn im Laden jemand einen Strauß kauft, möchte er, dass dieser besonders lange hält. Bei einer Hochzeit kommt es nur auf den Moment an, ein paar Stunden, ein Abend, Augenblicke, in denen es prächtig sein soll.“

Geschmäcker und Trends ändern sich. Gerade ist „Vintage“ in: Trockenblumen und Naturmaterialien, saisonale Blumen und Kräuter. „Da steckt auch ein Nachhaltigkeitsgedanke hinter, der mir sehr wichtig ist“, sagt Flöter. Er versucht, so weit das geht, die Blumen aus Deutschland zu beziehen. Wenn nicht, achtet er darauf, unter welchen Arbeits- und ökologischen Bedingungen die Blumen gewachsen sind. „Blumen sind ein nachwachsender Rohstoff. Wenn dafür der Regenwald abgeholzt wird oder die letzten Wasserreserven genutzt werden, bringt das niemandem etwas.“

Zwei Mitarbeiter von ihm kommen in den Laden. Sie bringen Konstruktionen aus Holz, Stein und Draht herein, jeweils so mit Blumen drapiert, dass ein eigenes Bild entsteht. Eine Woche lang zierten diese Blumenbildnisse Anwaltsbüros, Arztpraxen oder Privatwohnungen. Blumen im Abo, jede Woche frisch geliefert.

„Die Gestaltung von Blumen ist mein Leben und meine tiefste Leidenschaft“, sagt er und man glaubt es ihm sofort.

Karsten Flöter ist der Herr der Blumen: „Die Gestaltung von Blumen ist mein Leben und meine tiefste Leidenschaft.“

Flower Factory
Levetzowstraße 20, 10555 Berlin
https://www.flower-factory.de/

Mein Name ist Karl, ich bin Journalist in Berlin und schreibe hier Reportagen über deinen neuen Kiez.