Die Pumpe muss arbeiten, der Beton-Nachschub wird minutengenau getaktet. Wenn es da einen Stau gibt oder es anfängt zu regnen, wird’s brenzlig.
Nur noch vier Stunden, dann ist Regen angekündigt, dann muss der Boden von Haus 1 fertig sein. Noch ackern die Arbeiter in strahlendem Sonnenschein, Helme auf dem Kopf, schon um acht Uhr morgens rinnt ihnen der Schweiß. Zu acht sind sie. Jeder hat seine Aufgabe. Jeder kennt seine Handgriffe. Einer am Betonschlauch, der andere an der Fernbedienung, zwei am Verdichter, zwei zum Nachstreichen und einer, um die Höhe zu messen. Und der Polier passt auf, dass die Betonmisch-Fahrzeuge da hinfahren, wo sie hinsollen.
Über allem wacht der Chef: Bauleiter Zarbock, 56 Jahre alt. Seine weißen Haare trägt er zu einem Pferdeschwanz gebunden. Wenn er spricht, erklingt feinster Berliner Dialekt. Zarbocks Arbeitgeber, die SBG Generalübernehmer GmbH, errichtet auf der Baustelle Charlottenbogen den kompletten Rohbau vom Boden bis zur Decke.
Jetzt geht Zarbock herum, schüttelt hier eine Hand, klopft dort auf eine Schulter, dann erklärt er: „Was wir hier gerade machen, ist eine der wichtigsten Arbeiten auf der Baustelle. Die Bodenplatten tragen das ganze Haus.“ Er redet knapp und auf den Punkt. Ein alter Hase ist er, so viele Baustellen, die er in 30 Berufsjahren als Bauingenieur schon begleitet hat. Fährt er durch die Stadt, könnte er gefühlt an jeder zweiten Ecke stehenbleiben und sagen: Schaut, dort habe ich mitgebaut.
Doch gleich wird es ein Problem geben. Noch ist einer der Arbeiter damit beschäftigt, den Betonschlauch zu bändigen. Durch den Schlauch quillt die graue Masse wie ein Wasserstrom heraus und verteilt sich auf dem Boden zwischen den vielen hundert Stahlstäben, insgesamt 60 Tonnen. Diese sind wie ein Gerüst ineinandergeflochten. Es sind Stahl und Beton, die das Haus zusammenhalten.
Plötzlich jedoch stockt der Betonfluss. Eine ungewohnte Ruhe legt sich über die Baustelle. Eine Ruhe, die Bauleiter Zarbock unruhig macht. „Hey“, ruft er zum Vorarbeiter, „was ist los, wo bleibt der Nachschub? Warum läuft der Beton so schleppend?“ Der ruft zurück: „Heute kommt der Beton nur aus Kreuzberg, nicht noch aus Spandau. Wenn da einer der LKWs im Stau stecken bleibt, wird’s bei uns eng.“
Zarbock runzelt die Stirn. Schaut sich um. Tatsächlich ist kein Betonmisch-LKW zu sehen, der die Betonpumpe nachfüttern könnte. Alles steht still, alles wartet. Er greift zum Handy. Ruft in der Zentrale an. Fragt was los ist. Gibt die Anweisung, dass sie mehr Fahrmischer losschicken sollen. Stillstand geht gar nicht. „Sollen Sie Ballett machen, sonst wird es hier zu wenig.“
280 Kubikmeter Beton müssen heute hier vergossen werden. Jeder Fahrmischer bringt acht Kubikmeter zur Baustelle, insgesamt sind es also 35 LKWs, die sich durch den Berliner Berufsverkehr quälen müssen. Exakt getaktet, damit die Pumpe nicht stillsteht. Denn wenn der Boden gelegt ist, kommt noch der Flügelglätter, der den Beton glatt und eben macht. Und all das muss passiert sein, bevor es regnet. Zarbock schaut Richtung Baustelleneingang, dann atmet er auf: gleich zwei LKWs biegen herein.
Die Pumpe kann wieder arbeiten, alles geht weiter. Am Ende des Tages werden sie alles geschafft haben. Wenn der Boden gelegt und geglättet ist, kann auch der Regen kommen. Am nächsten Morgen geht es mit den Wänden weiter. Dann werden alle wieder zur Stelle sein – bis der Rohbau steht.